FORTYONE: Dirk, wie ist die Lage? Was macht das Sprunggelenk?
Dirk Nowitzki: Alles im grünen Bereich. Die OP ist jetzt acht Wochen her und der Arzt hat sich vor ein paar Tagen den Knöchel noch einmal angesehen. Alles läuft nach Plan. Ich habe schon ein wenig geworfen, sogar mit etwas Springen. Ich war auch schon auf dem Laufband, ein paar Steigerungsläufe, und wenn man intensiver arbeitet, reagiert der Knöchel entsprechend. Also haben wir das Training angepasst. Es gibt bessere und schlechtere Tage. Man muss sich da allmählich rantasten.
Wie sieht denn dein Alltag als Rekonvaleszent aus?
Ich gehe jeden Tag in die Halle und mache Reha-Sachen und Stabilisierungsübungen für den Fuß, und natürlich auch schon leichtes Krafttraining für die Beine und den Oberkörper. Konditionstraining auf dem Crosstrainer darf ich so lang machen, wie ich will. Wir laufen schon seit Wochen im Wasser, im Moment jeden zweiten Tag. Das sind die Kardio-Elemente, die ich im Moment mache. Damit bin ich die Woche über beschäftigt, Montag bis Freitag, meistens von halb zehn bis ein Uhr. Dann esse ich was und regeneriere. Nachmittags mache ich dann etwas mit den Kids. Oder ganz normale Erledigungen. Und dann stehen natürlich solche besonderen Sachen wie unser Heroes Baseball-Spiel an, da gibt es jede Menge zu tun. Es ist immer was los.
Wer ist mit dir in der Halle? Sind da noch andere Spieler oder machst du ganz allein dein Ding?
Es ist Off-Season, da sind immer unterschiedliche Spieler in der Halle. Harrison Barnes hat in diesem Sommer schon viel gearbeitet, aber jetzt ist er vier Wochen lang nicht da. Dwight Powell war oft in der Halle, aber auch er war jetzt ein paar Tage im Urlaub. Maxi Kleber ist gerade zurück, der war nach der Saison ein paar Wochen unterwegs. Die jüngeren Spieler sind immer mal für ein paar Tage da und dann sind sie wieder weg. Eigentlich bin ich der einzige, der in den letzten sechs, sieben Wochen jeden Tag am Start war. Mit mir ist meist nur ein Physio in der Halle. Die müssen ja auch irgendwann Urlaub machen. Die teilen sich das untereinander auf, so dass immer einer dabei ist.
Du hast bald Geburtstag. Hast du etwas geplant?
Ich weiß, dass sie eine Überraschungsparty für mich planen. Den vierzigsten Geburtstag muss man ein bisschen feiern, ist ja ein rundes Ding. Aber eigentlich weiß ich nichts – es soll ja eine Überraschung sein.
Warum wir das fragen: Es gibt nur noch zwei Spieler in der Liga, die ebenfalls vierzig sind, richtig? Macht es Dir Mühe, fit zu bleiben?
Meines Wissens sind nur noch Vince [Carter] und Jet [Terry] älter als ich. Es ist natürlich eine Herausforderung, sich zu motivieren. Und jeden Tag in der Halle zu stehen. Ich habe mich ja noch während der Saison operieren lassen, und die erste Woche war dann ein bisschen ruhiger. Aber seitdem machen wir fünf Tage pro Woche Reha. Klar ist das nicht immer witzig, aber ich habe mich dafür entschieden. Ich will noch ein bisschen spielen. Ich habe mich darauf eingestellt, dass es ein langer, harter Sommer wird. Und auch wenn ich wieder ganz normal rennen und werfen darf, werden natürlich ein paar Tage dabei sein, an denen mir das ein bisschen zu viel wird. Man wird nicht von heute auf morgen fit, wenn man vierzig ist. Aber das Gute ist, dass wir den ganzen Sommer Zeit haben. Wir müssen uns nicht stressen und können es langsam angehen. Wenn der Fuß reagiert, können wir wieder ein bisschen vom Gas runtergehen. Ich gehe davon aus, dass ich Mitte September wieder topfit bin. Dann beginnt das Trainingslager und die Mavs fahren nach China.
Gerade sind die NBA Finals vorbei. Hast du zugesehen?
Die Conference-Finals im Osten habe ich teilweise verfolgt, von der West-Serie Warriors vs. Rockets habe ich jedes Spiel gesehen. Das hat mich einfach interessiert. Und die Finals gucke ich natürlich immer. Das erste Spiel der Serie war unglaublich gut, da hat Cleveland eine echte Chance gehabt. Das Ende war bitter, aber LeBron James war von einem anderen Stern. Er hat unglaublich gespielt. In Spiel zwei waren die Warriors am Ende einfach zu stark, zu explosiv. Steph hat alles getroffen, Kevin hat super geworfen, Klay auch – und wenn alle drei so schießen, gewinnen sie gegen jede Mannschaft auf der Welt. Da kann niemand mithalten.
Sitzt du bei solchen Spielen völlig begeistert vor dem Fernseher?
Ich will einfach guten Basketball sehen. Ich will Werbung für unseren Sport sehen. Und guter Basketball sind diese Finals auf jeden Fall. Die Dreier, die Steph immer wieder macht! Mit ablaufender Shot Clock, contested, aus zehn Metern haut der das Ding rein! Oder LeBron in Spiel eins mit 51 – es macht einfach Spaß, ihm dabei zuzuschauen. Aber ich gucke mir das als Fan der Sportart an. Wie schnell das Spiel mittlerweile geworden ist, wie athletisch. Dass jeder von außen schießen kann. Man sieht genau, wie sehr sich das Spiel in den letzten Jahren entwickelt hat. Das ist der Wahnsinn.
Wie kann man sich das vorstellen? Sitzt du dann auf dem Sofa, legst den Fuß hoch, trinkst ein Bierchen und schreist rum?
Ich schreie natürlich nicht rum. Die Kids schlafen ja! Ich reagiere aber natürlich schon, wenn LeBron in Spiel eins schon wieder ein Ding macht, dann sag ich mal »Uff!«. Ich lege den Fuß hoch und trinke Wasser, Bier ist zurzeit nicht drin, weil ich momentan besonders gesund esse. Ich darf natürlich nicht groß zunehmen in den Wochen, in denen ich nicht viel machen darf. Aber ich freue mich schon, wenn Steph wieder einen reinhaut, und sage »Boah, was war denn das wieder für ein Ding?«Die Houston-Golden State-Serie ging über sieben Spiele, die Serie im Osten genauso. Das ist toller Sport.
Wie sieht es aus mit der Fußball-Weltmeisterschaft? Guckst du Fußball anders als Basketball?
Ich gucke tatsächlich sehr viel Fußball. Und wenn meine beiden Schwäger spielen, bin ich emotional voll dabei und bin Fan [Martin und Marcus Olsson]. Martins Club Swansea ist dieses Jahr ja leider abgestiegen. Aber jetzt geht die WM los. Wir wollten eigentlich nach Russland fahren, um Martin zu unterstützen, aber das geht in diesem Sommer leider nicht. Trotzdem drücken wir natürlich Schweden die Daumen. Gegen Deutschland wird unser Haus allerdings ein bisschen gespalten sein. Meine Frau hat schon angekündigt, dass sie den Kindern schwedische Trikots anziehen wird. Ich sitze dann da als einziger im Deutschland-Hemd. Ich freue mich aber natürlich, wenn mein Schwager gut spielt und es aus der Vorrunde herausschafft – sie haben eine schwere Gruppe erwischt mit Deutschland, Mexiko und Südkorea. Es kommen ja nur zwei Mannschaften weiter.
Eine Frage noch aus deutscher Perspektive: Verfolgst du auch die Basketball-Bundesliga?
Ich habe gelesen, dass Alba das erste Spiel in München geklaut hat, aber viel mehr weiß ich nicht. Ich habe die Playoffs am Rande verfolgt und kriege viel über Twitter mit. Ich folge dem Alba-Account, seit wir damals mit den Mavericks in Berlin gespielt haben. Ich habe auch mitbekommen, dass Denis Wucherer der neue Coach in Würzburg wird. Mit seinem Bruder Nico habe ich damals zweite Liga gespielt, und Denis und ich haben in der Nationalmannschaft zusammengespielt. Es war da schon klar, dass Denis ein guter Coach werden würde. Der hatte immer schon diesen Basketball-IQ. Ich freue mich für ihn und für Würzburg.
In diesem Sommer stehen wieder deine traditionellen Benefiz-Veranstaltungen an: dein Heroes Baseballspiel und dein Tennis-Turnier – wirst du dieses Jahr selbst spielen können?
Ich werde mich an die erste Base stellen und ein paar Bälle fangen. Da muss ich mich nicht viel bewegen. Und vielleicht werde ich versuchen zu treffen, aber Sprints fallen diesmal wohl leider aus. Wir haben dieses Jahr wieder ein unglaubliches Line-up, fast das halbe Team der Dallas Cowboys ist dabei, die Mavericks sind auch fast komplett am Start. Von Miller ist dabei, der ehemalige Super Bowl-MVP. Das ist ein tolles Line-up. Die Tickets werden langsam knapp, wir werden wieder komplett ausverkauft sein.
Das Spiel findet dieses Jahr zum 17ten Mal statt, vor sieben Jahren habe ich das Event von Mike Modano übernommen. Es ist toll, wie das von den Fans und auch von den Celebrities angenommen wird, die zum Teil extra anfliegen, um mitzuspielen.
Unser Tennisturnier findet dann im September statt, eine Woche nach den US Open. In diesem Sommer habe ich bisher leider gar kein Tennis gespielt, was ich normalerweise ja immer als Fitnesstraining mache. Ich hoffe, dass ich mich bis Mitte September wieder halbwegs bewegen kann. Das Turnier war letztes Jahr auch ein unglaubliches Event.
Sitzt du in diesem Jahr beim Draft wieder mit eurem Management im War Room? Und hast du eine Traumvorstellung, wer da kommen könnte?
Wir picken dieses Jahr sehr hoch, an Nummer fünf. Natürlich hoffen wir, einen guten jungen Spieler zu bekommen, der gut reinpasst, der viel Zukunftspotenzial hat. Wer uns helfen kann, ist schwer zu sagen. Du musst viele Szenarien durchgehen, weil du einfach nicht weißt, wer die vier Spieler sind, die vorher ausgewählt werden.
Dieser Tage beginnen die Draft-Workouts in Dallas. Da werden die jungen Spieler zum Vorspielen eingeflogen, du kannst sie besser sehen – wie sie schießen, wie sie sich bewegen. Da mache ich mir dann ein Bild. Aber Donnie und Mark und unsere Scouts bereiten sich darauf schon seit Monaten vor. Die haben natürlich mehr Ahnung als ich. Ich gucke einfach nicht genug College-Basketball, um wirklich zu allen Spielern eine Meinung zu haben. Aber ich werde dabei sein und Donnie und Mark und Fin unterstützen.
Hast du die jungen Europäer im Draft verfolgt? Luka Dončić oder Moritz Wagner zum Beispiel?
Moritz hat ja sogar im Finale der March Madness gespielt. Soweit ich weiß, kommt er demnächst auch nach Dallas, da werde ich ihn vermutlich kurz treffen. Von Luka Dončićhabe ich vor allem Highlights gesehen. Er hat für einen Neunzehnjährigen ein Riesenpotenzial, er bewegt sich sehr gut, kann schießen und im Pick’n’Roll trifft er sehr gute, smarte Entscheidungen. Für sein Alter ist er erstaunlich gut.
Denkst du bisweilen darüber nach, dass die Spieler, die da gedraftet werden, halb so alt sind wie du?
Das war im letzten Jahr auch schon so, als wir Dennis Smith Jr. geholt haben – der war auch erst neunzehn. Das sind Welten zwischen uns. Aber das war bei mir damals nicht anders. Ich war zwanzig, als ich in die Liga kam. Damals haben bei uns noch AC Green und »Hot Rod«Williams gespielt, die waren beide an die vierzig. Die haben mir immer Geschichten von früher erzählt. Altes Zeugs, aber das war für mich wahnsinnig interessant. Jetzt bin ich der Ältere und die Jungen kommen neu in die Liga. The Circle of Life. Da schließt sich ein Kreis – und es ist auch ein wichtiger Grund, warum ich das noch mache: Mit meiner Erfahrung den Jungs den Weg ein bisschen leichter zu machen, damit sie den Durchbruch schaffen. Das macht mir Spaß.
Ist deine Mentorenrolle etwas, worüber du nachdenkst? Nimmst du dir bewusst vor, diese Rolle auszufüllen?
Ich gehe nicht jeden Tag in die Halle, um meine Vorbildfunktion zu erfüllen. Ich versuche einfach, ich selbst zu sein und mit den Jungs Spaß zu haben. Ich versuche, ihnen durch konsequente Arbeit vorzuleben, wie man sich verbessert. Wenn mir etwas auffällt, dann bespreche ich das mit ihnen. »Hey, ich würde das eher so oder so machen.« Aber ich versuche natürlich trotzdem, auch mein eigenes Ding zu machen. Vor allem: Spaß am Spiel zu haben.