»Meine Interviewpartnerin in dieser Podcast-Folge ist Renate Eichenberger. Sie ist für die Sportpsychologie bei ALBA Berlin verantwortlich, arbeitet aber auch mit anderen Vereinen und Einzelsportlern aus unterschiedlichen Sportarten zusammen. Außerdem lehrt sie an der Business School Berlin im Bereich Sportpsychologie.
Ihr Sohn Bastian war der jüngste Student Deutschlands, als er sich mit 14 Jahren im Bachelorstudiengang Chemie einschrieb. Mit 19 Jahren erlangte er dann seinen Masterabschluss in Molekularbiologie. Durch die Begleitung ihres Sohnes weiß sie, dass es für jede Herausforderung eine Lösung gibt – manchmal auch eine unkonventionelle.«
Silke: Hallo Renate, ich habe mich sehr auf unser Gespräch gefreut. Vielen Dank, dass Du Dir heute Zeit nimmst. Der Fokus in unserer Arbeit im 41Campus liegt ja auf dem Thema »Werteorientiertes Leadership«. Was sind die Top 3-Werte in Deiner Arbeit als Sportpsychologin?
Renate: Für mich persönlich ist es wichtig, dass ich authentisch bin und entsprechend auch mit den Leuten umgehe. Das heißt nicht, dass ich mich nicht zusammenreiße, wenn es mir einmal nicht gut geht, sondern dass ich offen und ehrlich darauf eingehe, wenn ich etwas in einem Coaching höre. Ein weiterer wichtiger Wert für mich ist Vertrauen. Meine Arbeit basiert auf viel Vertrauen, sowohl das Vertrauen, dass die Leute mir entgegenbringen, wenn sie sich öffnen und merken, »Sie behält‘s für sich«. Ein weiterer Wert, der mich ausmacht, ist meine unstillbare Neugierde, sowohl auf das ganze Leben bezogen, wie aber auch auf den Menschen, mit dem ich zusammenarbeite.
Was macht Dir besonders Spaß an Deiner Arbeit als Sportpsychologin?
Ich finde es großartig, wenn sich junge Menschen an mich wenden und mir über ihr Leben berichten, sei es aus dem sportlichen Bereich oder abseits des Sports. Ich würde mich nicht darauf einlassen, wenn mir jemand sagt »Bring mich zum Olympiasieg«, denn für mich ist es immer Persönlichkeitsentwicklung, die für den Sport hilfreich sein kann aber auch darüber hinaus. Wenn sich die Sportler öffnen, um über ihre wirklichen Themen zu sprechen und mir dann auch nach dem Spiel oder Wettkampf ihre Rückmeldung geben, das sind die schönsten Momente, weil es mir den Wert meiner Arbeit zeigt.
Für mich hat das Team von Alba Berlin und die ganze Abteilung einen besonderen Style, der durch alle Teams spürbar ist. Kannst Du das bestätigen?
Es hat sich so entwickelt, dass ein Ganzes gelebt wird – von ganz klein mit der Arbeit im Kita-Bereich bis hoch zu den Profis. Aus sportpsychologischer Sicht war auch genau das die Absicht, als ich mein Konzept erstellt habe. Ich habe überlegt, »was ist denn der Mehrwert, den wir einbringen können und worüber?« Und mir war sehr schnell klar, dass der Mehrwert nicht über die einzelnen Spieler, sondern über die Trainer kommen muss. Die Trainer tragen das Ganze. So haben wir dann auch begonnen zu arbeiten.
Seit dem 1. April ist Dein Buch »Blind Date Sportpsychologie – Was Sie schon immer über die Bedeutung der Psyche im Sport und über ihre systematische Unterstützung wissen wollten« erhältlich. Was ist Dein Anliegen mit diesem Buch? Warum und für wen hast Du das Buch vor allem geschrieben?
Ich merke immer noch, dass sich noch mehr in der Sportpsychologie tun könnte. Es ist nach wie vor ein Gebiet, wo man sich nicht so reintraut, weil immer noch zahlreiche Mythen vorhanden sind. Ich höre leider immer noch oft in meiner Arbeit »ich bin nicht krank, ich brauche das nicht«. Sportpsychologie hat nichts mit Krankheit zu tun. Es hat auch nichts damit zu tun, dass man ein aktuelles Problem braucht. Reden und reflektieren hilft per se. Wir haben alle Dinge, die wir wissen. Und wir haben Dinge, die wir nicht so klar wissen. Und darüber mal zu sprechen und durch Fragen neue Erkenntnisse zu haben ist der Mehrwert. Ich höre oft von meinen Sportlern »darauf wäre ich nie gekommen«. Dann denke ich »ja genau, deshalb sind wir ja da«. Mein Anliegen mit dem Buch ist es, aufzuzeigen, was die Arbeit mit dem Sportpsychologen ist und was ich vom Prozess erwarten kann.
Wenn Du wissen willst, welche Tipps Renate für die Arbeit von Trainer:innen hat, dann höre Dir hier das gesamte Gespräch als Podcast an.
Unser Anliegen im 41Campus ist es, die persönliche Entwicklung von Kindern und Jugendlichen in Sportteams wertebewusst zu begleiten. Deshalb wollen wir vor allem Trainer und Trainerinnen in ihrer Vorbild- und Mentorenfunktion stärken. In unserem Podcast spreche ich mit erfolgreichen Menschen im Sport über werteorientiertes Leadership.
Renate Eichenberger war selbst aktive Sportlerin, bevor sie Sportpsychologin wurde. Sie ist Dozentin an der Business School Berlin im Bereich der Sportpsychologie und betreut neben ihrer Arbeit für Alba Berlin auch weitere Teams und Einzelsportler. 2021 ist ihr Buch »Blind Date Sportpsychologie« erschienen. Darin stellt sie ihr Arbeitsgebiet vor und räumt mit den Mythen auf, die viele noch immer mit Sportpsychologie verbinden.