»Hallo ihr Lieben, willkommen zurück beim 41Campus Podcast. In dieser Folge ist Miriam Hirsch bei uns, Cheftrainerin der TuS Metzingen und die jüngste Trainerin in der Handball-Bundesliga der Frauen.
Ich spreche mit ihr über Leadership im Spitzensport, über Vertrauen und Teamkultur und über ihre Rolle als weibliche Führungskraft in einer oft männlich geprägten Sportwelt. Viel Freude beim Zuhören und Inspiration für euer Leben.«
Silke Mayer Nowitzki: Was siehst du für Parallelen zwischen deiner früheren Führungsrolle bei der Bundesagentur für Arbeit und deiner jetzigen Trainerinnenrolle?
Miriam Hirsch: Ich sage immer, ich lerne von meiner Trainerinnenrolle für das Führungsleben und umgekehrt vom Führungsleben für meine Trainerrolle. Das hängt für mich ganz stark zusammen.
Für mich gibt es drei wichtige Ebenen und eine der wichtigsten ist, sich als Führungskraft oder auch als Trainerin selbst zu kennen. Also das Thema Selbstführung, egal, ob ich Führungskraft im öffentlichen Dienst oder in einem Unternehmen oder ob ich Trainerin bin. Und auch da unabhängig davon, ob 1. Liga oder weibliche D-Jugend beim TSV Allach.
Die nächste Ebene ist das Du, also wie gehe ich mit meinen Mitarbeitenden um? Wie spreche ich mit meinen Spielerinnen? Und die dritte Ebene ist das Thema Wir. Wie gestalten wir unsere Kultur als Team? Und auch da konnte ich viele Parallelen ziehen. Wie funktioniert Teamentwicklung? Wie entstehen Teamdynamiken? Welchen Einfluss habe ich als Führungsperson oder als Trainerin darauf? Was kann ich da möglicherweise proaktiv an Impulsen reingeben?
Das Thema Kommunikation halte ich für einen mega zentralen Punkt. Was ist dir da als Trainerin wichtig?
Gerade das Thema Offenheit und Klarheit ist mir extrem wichtig. Mir hat mal eine frühere Chefin gesagt, dass ich ganz gut in charmanter Klarheit bin. Ich mag diesen Begriff sehr gern, denn bei dieser Charmanz kommt immer auch so ein bisschen die konfliktfreie Kommunikation mit rein. Es geht darum, eine Kultur zu schaffen, in der wir keine Angst davor haben, Dinge auszusprechen. Es geht nicht darum, uns zu verurteilen. Nein, wir verurteilen uns nicht. Wir wollen klar miteinander sein, damit wir das als Chance zur Weiterentwicklung sehen.
Was hast du unternommen, um gleich von Anfang an den Teamgeist zu stärken und um die neuen Spielerinnen zu integrieren?
Wenn wir als Führungspersonen Vorbilder sind, wird sich das irgendwann auch in die Kultur mit einpflegen. Soll heißen: Wenn wir es als Trainer und Trainerinnen vorleben, dann wird das irgendwann auch von Führungspersonen aus der Mannschaft vorgelebt. Also auf mehreren Ebenen, sowohl über Gespräche, Vorbildsein, Teamspiele.
[…] Beharrlichkeit ist, glaube ich, das Wichtigste. Immer wieder dran zu bleiben, nicht nur in der Vorbereitung das einzuspeisen und dann davon auszugehen, okay, jetzt haben wir da eine Grundlage geschaffen, das läuft jetzt schon. Sondern beharrlich dran zu bleiben und den Prozess ganz aktiv weiter zu begleiten.
Wie würdest du die Situation des Frauenhandballs in Deutschland beschreiben?
Ich merke und ich weiß, wie alle Vereine kämpfen. Das ist schon so das Gefühl gerade – Kampf – und ich nutze extra dieses Wort, den Profisport im Frauenbereich, im Frauenhandballbereich in Deutschland, auch Profisport sein zu lassen.
[Die Insolvenz der HW Ludwigsburg] war eine große Katastrophe. Es war unser Aushängeschild, nicht nur international. Auch uns als TuS Metzingen tut es gut, zweimal im Jahr gegen Weltklasse-Spielerinnen zu spielen. Gleichzeitig kämpfen die Vereine nicht nur um Sponsoren, sondern auch darum, gute Rahmenbedingungen für die Spielerinnen zu schaffen.
Meine Spielerin Sabse Tröster zum Beispiel hat bis Juni, Juli diesen Jahres in der Ersten Liga Frauen sehr viel Spielzeit bekommen. Parallel zu ihren ersten Natio-Einsätzen hat sie eine 40-stündige Ausbildung gemacht, jede Woche. Und das bei acht bis neun Trainingseinheiten in der Woche plus die 40 Stunden Ausbildung plus die Auswärtsfahrten oder auch der Heimspielaufwand. Das ist natürlich enorm.
Ich weiß, dass jeder Verein um Gelder, um Einnahmen, um Zuschauer, um das Umfeld kämpft, damit die Rahmenbedingungen stimmen. Damit meine ich auch, das Geld an Spielerinnen auszubezahlen, damit die eben nicht nebenher arbeiten müssen, sondern nur wenn sie wollen, und nicht, weil sie müssen.
Nochmal zur Weltmeisterschaft im eigenen Lande. Wo siehst du die Chancen für den Sport?
In den letzten Jahren war oft nach der Hauptrunde oder nach dem Viertelfinale Endstation. Aber ich glaube schon, dass da jetzt was möglich ist – durch die Ausbildung der Spielerinnen in den letzten Turnieren, mit Alina Grijseels oder Kathi Filter, die schon viele Turniere gespielt haben, wie auch mit dem Trainerteam und der Heim-WM.
Es wäre cool, wenn wir beim Frauenhandball nochmal eine Schippe an Mitgliedergewinnung und so weiter mit drauflegen könnten – nicht nur aufgrund des Erfolgs dann hoffentlich, sondern einfach, weil es eine coole Stimmung, eine coole Energie in Deutschland erzeugt.
Ein sehr schönes Zitat von dir lautet »be the one who makes the difference«. Was ist deine Botschaft an andere junge Trainerinnen, junge Spielerinnen, junge Sportler – was möchtest du mitgeben als Mensch?
Sei es selbst, geh selber in die Verantwortung, sowohl für dich, wie auch für dein Umfeld. Aber sei auch offen, das genauso anzunehmen, um jeden Tag entweder ein bisschen besser zu sein oder ein Stück mehr zu wissen oder ein Stück zufriedener zu sein oder mit dir selbst einfach im Reinen zu sein. Darum geht es mir.
Wenn Du wissen willst, welche Vorbilder Miriam hatte, was sie für den Umgang mit jüngeren Generationen für wesentlich hält und welche Bedeutung sie einer Kultur von Wertschätzung und Feedback zumisst, dann höre Dir das gesamte Gespräch hier oder hier als Podcast an.
Unser Anliegen im 41Campus ist es, die persönliche Entwicklung von Kindern und Jugendlichen in Sportteams wertebewusst zu begleiten. Deshalb wollen wir vor allem Trainer und Trainerinnen in ihrer Vorbild- und Mentorenfunktion stärken. In unserem Podcast spreche ich mit erfolgreichen Menschen im Sport über werteorientiertes Leadership.
Miriam Hirsch ist Cheftrainerin der TuS Metzingen und die jüngste Trainerin der Frauen-Handball-Bundesliga. Ihre Laufbahn begann die gebürtige Dachauerin als Cheftrainerin beim Drittligisten HSG Würm-Mitte, wo sie zuvor als Spielerin aktiv war. Von dort ging es weiter zum HCD Gröbenzell in der 3. Liga Süd.