Silke Mayer: Du hast ja wirklich alle sportlichen Ziele erreicht, die man überhaupt in der Sportart erreichen kann. Trotzdem war dein Fazit, »Der Spaß liegt in der Reise«: Sich Ziele setzen und diese Ziele erreichen, und trotzdem nicht den Weg vergessen.
Dirk Nowitzki: Die Frage ging ja dahin, wie das ist, wenn man mal den Höhepunkt erreicht hat – das war damals bei den Olympischen Spielen und das war bei der Meisterschaft genauso. Da war einfach so eine gewisse Leere. Du bist ja auf dem absoluten Höhepunkt, du müsstest total happy sein, dann sitzt du da, »Wie? Das war’s jetzt schon?«
Und dann war ich in Deutschland und war fast ein bisschen deprimiert, fast ein bisschen leer, ein bisschen frustriert. Und dann setzt du dich hin und hast erstmal überhaupt keine Lust mehr auf Training, bist total leer. Und dann setzt du dich halt hin und reflektierst und sagst, »Okay, ich hab jetzt zehn, zwölf Jahre darauf hingearbeitet, und innerhalb von einer Woche oder zwei Wochen ist das alles vorbei.« Und dann kommt dir eben die ganze Reise in den Sinn: Wie viele EMs, wie viele WMs hast du gespielt, wie viele Sommer hab ich mit dem Holger trainiert? Das hab ich natürlich nur gemacht, weil ich’s geliebt hab und weil die Leidenschaft da war, und dann ist das, glaube ich, super zusammengefasst: Der Traum ist eigentlich die Reise, und nicht der absolute Höhepunkt, was natürlich auch der Wahnsinn ist und mit der stolzeste Moment meiner Karriere, als ich die Meisterschaft dann endlich geholt habe, in meinem zwölften, dreizehnten NBA-Jahr. Und dann denkst du zurück, Ja, der Traum war in der Reise. Die vielen Niederlagen, die emotionalen Höhepunkte und Tiefpunkte. Und das ist ja das, wovon ich geträumt habe als Kind, als ich die ganzen Poster hatte. Das war schon emotional.
Das Spiel entwickelt sich ja immer mehr dahin, dass es super-high-scoring-Games gibt und einzelne Spieler wahnsinnig viele Punkte daher schmeißen. Das Spiel hat sich sehr gewandelt.
Ja, erstens Mal werden die Spieler immer besser, mit immer mehr Skills, immer athletischer, noch schneller. Und dann hat sich natürlich auch die Spielart geändert. Wenn du früher einen richtig guten Spieler hattest, hast du versucht, zu doppeln und den Ball aus seiner Hand zu nehmen. Mittlerweile stehen da ja fast nur noch Dreipunkteschützen rum. Die warten ja nur noch, »Bitte doppelt den Luka, dann sitzen wir alle an der Dreierlinie und schießen euch Dreier rein«. Und deswegen sagen halt viele Coaches, wir lassen lieber den besten Spieler seine Sachen machen, auch wenn er ab und zu mal wirklich toughe Schüsse treffen muss. Es ist besser, er trifft auch wirklich toughe Schüsse und muss den ganzen Tag, die ganze Nacht attackieren, als zwei, drei Pässe und den freien Dreier weggeben. Das spielt eine Rolle. Und natürlich haben sich auch die Regeln geändert. Es ist heutzutage sehr, sehr schwer, so einen guten Spieler zu stoppen. Der kann rechts, der kann links gehen, er kann abstoppen, er kann aber auch den Dreier schießen. Du kannst heutzutage mit Handchecks sehr, sehr wenig machen, da wird sofort Foul gepfiffen. Manchmal sind die Offensivleute so gut darin, Fouls zu ziehen, da kannst du kaum was machen. Und nur mit dem Körper einen zu stoppen, der gebaut ist wie Luka oder wie Giannis, das ist einfach unmöglich. Und von daher spielen da mehrere Faktoren mit rein, aber macht natürlich wahnsinnig Drama – der Lillard hat vor ein paar Tagen 71 gemacht, hab ein paar Highlights gesehen … Auch unglaublich, wo die Jungs mittlerweile abdrücken, aus zehn, elf Metern, als wär’s absolut gar nichts, als wär’s ein Layup. Wie sich das entwickelt hat, von meinem Rookie-Jahr, jetzt 25 Jahre später … Der Steph hat das Spiel natürlich verändert, und mittlerweile kann jeder zwei, drei Meter hinter der Dreierlinie schießen. Das macht schon wahnsinnig Spaß zuzuschauen. Ich weiß gar nicht, wo sich das Spiel hin entwickeln kann – wenn die Jungs jetzt schon so gut sind und von so weit weg schießen. Das ist schon beeindruckend.
… das ganze Gespräch könnt ihr euch oben im Video ansehen.