Der Stand der Dinge #11 – mit Mats Hummels

»Hallo Mats, hörst Du uns?« – FORTYONE hat sich mit Dirk und Mats Hummels über ihren Alltag in Krisenzeiten unterhalten – und darüber, was sie beeindruckt.

FORTYONE: Dirk! Mats! Wie geht’s euch?

DIRK: Na ja, alles gut. Wir sind mit unseren drei Kids hier in Dallas. Das Wetter ist hier schon richtig gut. Die Älteste ist jetzt sechseinhalb und kommt erst nächstes Jahr in die erste Klasse, aber trotzdem machen die so viele Sachen, das ist Wahnsinn. Ich muss sagen: Diese Online-Klassen sind schon der Hammer. Was wir da alles machen und wissen müssen – das ist ein richtiger Fulltime-Job zurzeit. Und bei euch?

MATS: Ach, es geht tatsächlich gut. Der Kleine turnt den ganzen Tag durchs Haus. Jetzt gerade gerade sind meine Frau und er in München und ich bin in Dortmund.

DIRK: Unsere Kinder beschäftigen sich schon ganz gut selbst – für eine halbe Stunde. Und dann hauen die zwei Jungs sich einen über den Kopf und du musst ihnen was erzählen oder eine Aufgabe geben oder sie mal kurz trennen. Dann geht’s wieder. Das ist schon hektisch, aber es macht auch Spaß. Wir schicken die Kinder in den Garten, wenn’s zu viel wird. Wir haben da ein Trampolin, da können sie sich bewegen. Und du, Mats? Ich habe gesehen, die Bayern haben wieder angefangen zu trainieren?

MATS: Wir auch. Wir können in kleinen Gruppen trainieren, ohne Zweikämpfe. Wir müssen immer Distanz wahren. Aber es ist auf jeden Fall besser als nichts. Wir sind ein Stück in die Normalität zurückgekehrt. Was echt gut ist.

DIRK: In Deutschland geht’s ein bisschen aufwärts, oder? Die Zahlen gehen zurück.

MATS: Die Richtung ist gut. Ich habe keine Ahnung, ab wann man wieder von Normalität sprechen kann. Ich verfolge das genau. Ich bin morgens und abends einmal auf der Seite der Süddeutschen, und schaue genau, wie das Ganze verläuft.

FORTYONE: Ich habe anfangs stündlich gecheckt, wie sich die Zahlen entwickeln. Das fand ich sehr anstrengend und fast schon absurd: Corona-Statistiken statt Sportergebnisse. Wie ging’s euch damit? Habt ihr von Anfang an nur morgens und abends Nachrichten geguckt?

MATS: Normalerweise lese ich morgens erst einmal, was im Sport passiert ist, vor allem NBA. Oder ich gucke ein Spiel. Je nachdem wie viel Zeit ich habe, gucke ich mir das letzte Viertel der Mavericks an oder was auch immer.

DIRK: Ha!

MATS: Das mache ich wirklich! Jeden Morgen, wenn Dallas gespielt hat, gucke ich zumindest das letzte Viertel immer im Re-live. Ich habe immer die Ergebnisse ausgeschaltet, ich gehe vorher auch nicht auf Instagram oder so, damit ich mir das anschauen kann. Aber jetzt ist meine übliche morgendliche Berichterstattung komplett weggebrochen. Es passiert nichts im Fußball, im Sport. Es gibt da nichts mehr, was ich mir durchlese und anschaue. Deswegen gucke ich kurz einmal auf SZ.de wie die ganze Situation aktuell aussieht. Und fertig.

DIRK: Ja, das ist bei mir ähnlich. Auf Twitter schaue ich immer mal kurz, ob es zum Beispiel eine neue Pressekonferenz gab. Hier in Amerika ist es jetzt gerade ja ziemlich schlimm, vor allem in New York. Ich hoffe, dass das Social Distancing und die Maßnahmen in den nächsten Tagen und Wochen anschlagen. Ich bin natürlich mit den Gedanken bei den Leuten, natürlich auch hier in Dallas. Es gibt viele Hotels und Restaurants mit Problemen, und wie ihr wisst, setzt die Ölkrise den Texanern zu. Sonst lese ich natürlich Zeitungen. Ich habe die New York Times online und das Wall Street Journal. Und wenn ich wissen will, was in Deutschland los ist, gehe ich auf die Webseiten der deutschen Zeitungen. Das ist schon eine superkrasse, schwierige Situation für alle Beteiligten. Ich hoffe, dass die Zahlen bald zurückgehen und man dann allmählich wieder ins normale Leben einsteigen kann. Was am Anfang normal sein wird, ist eine gute Frage. Da muss man erst einmal sehen, wie sich das alles weiterentwickelt und was unser neues »Normal« sein wird.

FORTYONE: Was ist denn euer gegenwärtiges »Normal«? Wie sieht gerade der Alltag aus?

MATS: Genau so, wie man es sich vorstellt. Ich gehe eigentlich nur zum Trainieren auf dem Trainingsgelände raus. Und ich habe mir für den Garten tatsächlich einen kleinen, höhenverstellbaren Basketballkorb geholt und zwei kleine Tore und Bälle, damit ich da ein bisschen kicken und werfen kann. Ich wollte mir so einen Rebound-Apparat für den Korb kaufen, aber dafür ist mein Garten nicht groß genug. Wenn ich gewusst hätte, dass wir jetzt ein paar Monate zu Hause bleiben, hätte ich mir ein anderes Haus ausgesucht (lacht). Ich bin nicht davon ausgegangen, dass ich mal so viel Zeit zu Hause verbringe. In Dortmund hast du normalerweise nicht so berauschendes Wetter, aber seit wir zu Hause sein müssen, strahlt mir natürlich jeden Morgen die Sonne entgegen. Was ja schön ist, aber na ja, schlechtes Timing. Sobald das alles vorbei ist und wir wieder nach draußen dürfen, erwarte ich strahlenden Sonnenschein!

DIRK: Normalerweise haben die Kids hier Programm bis Mitte Mai. Dann sind drei Monate frei. Aber jetzt machen wir das Ganze online. Wir drucken morgens die ganzen Sachen aus und legen sie für die Kids bereit. Dann »arbeiten« sie, aber sie sind natürlich noch so jung, dass sie nicht zwei Stunden am Stück sitzen bleiben. Sie machen mal zehn Minuten, dann rennt der Kleinste wie ein Verrückter durchs Haus und setzt sich danach wieder für zehn Minuten hin. Wir machen das Beste daraus. Und der Garten ist toll. Da können sie nach draußen und rumrennen. Wir haben ein kleines Trampolin, da können sie ein bisschen Energie verbrennen. Und dann können sie sich wieder zehn, fünfzehn Minuten, eine halbe Stunde konzentrieren auf ein Puzzle und aufs Onlinelernen. So verbringen wir die Tage. Das ist schon Wahnsinn. Ich hätte nie gedacht, dass so etwas mal passiert. So viel Zeit – Mats, das kennst du auch – haben wir sonst nie für die Familie. Man muss es auch ein bisschen positiv sehen. Normalerweise geht’s immer mit 180 Sachen durch den Tag. Ich versuche einfach, optimistisch zu bleiben und viel Zeit mit den Kids zu verbringen.

FORTYONE: Dirk, dein Karriereende jährt sich in diesen Tagen, du hast ja schon eine gewisse Erfahrung mit dem Müßiggang und praktisch Vorbereitungszeit auf die Quarantäne gehabt. Was machen die Knochen?

DIRK: Ich bin gerade gewichtsmäßig auf meinem All-Time-High. Wenn du den ganzen Tag zu Hause bist und hundertmal an der Küche vorbeiläufst – das ist echt schwer (lacht). Ich versuche, ein paar Kohlenhydrate wegzulassen. Ich habe ein Rad zu Hause, so ein Stationary Bike, dazu ein Laufband und eine Elliptical Machine. Wir können uns also bewegen – und wir rennen den Kids hinterher. Aber du hast recht: Ich bin jetzt genau ein Jahr in Rente, ich bin schon ein bisschen daran gewöhnt. Und ich muss echt sagen: Es kommt mir vor, als wären es schon fünf Jahre. Im letzten Jahr war so viel los. Am Anfang war’s natürlich sehr emotional. Wir sind danach viel gereist. Und jetzt diese besondere Situation. Ich bin schon so weit weg von Basketball, dass ich denke: Das ist schon drei, vier Jahre her. Und ich bin natürlich schon gewöhnt daran, viel zu Hause zu sein. Ich habe das ganze Jahr viel erlebt und mit den Kids einen Riesenspaß gehabt. Aber natürlich vermisse ich Basketball und den Sport. Ich habe ja diese Position bei der FIBA, und da gab es natürlich die große Diskussion: Was ist mit dem olympischen Qualifikationsturnier? Jetzt wurden die Olympischen Spiele verschoben. Das ist schon Wahnsinn, was in der Sportwelt passiert – oder eben: Was nicht passiert.

FORTYONE: Fehlt dir das auch, Mats? Du hast vorhin schon kurz erwähnt: Das Morgenritual ist kaputt, wenn man nicht mehr das letzte Viertel der Spiele vom Vortag gucken kann. Wenn man nicht mehr erste, zweite Liga gucken kann.

MATS: Ja, eigentlich gucke ich immer morgens das Re-Live. Oder Sonntagabend das 19 Uhr-Spiel. Sind die eigentlich für euch cool gewesen, Dirk? Für euch ist das ja ein Mittagsspiel.

DIRK: Ja, ein 12 Uhr-Spiel. Ich muss ehrlich sagen: Ich war eher der Abendtyp. Das Schlimmste, was ich mal erlebt habe, war bei den Olympischen Spielen 2008 in Peking. Da gab es nur eine Halle, an einem Tag spielen die Frauen und am nächsten die Männer. Und ein Spiel werde ich nie vergessen – um neun Uhr morgens in Peking gegen Spanien. Das war das Schlimmste, was ich seit der Jugend mitgemacht habe. Da sind wir früh um fünf oder halb sechs aufgestanden und ein paar Runden durchs Olympische Dorf gejoggt. Chris Kaman hatte so einen Hals, das kannte er aus der NBA natürlich gar nicht. Der hat die ganze Zeit nur rumgemotzt. Ich war eher der Abendtyp und meistens haben wir auch abends gespielt. Das war unsere normale Routine: früh aufstehen, bisschen schwitzen, bisschen Taktik, dann heimgehen, essen, kurz zwei Stunden hinlegen. Das war meine Routine. Mehr als 20 Jahre lang.

MATS: Die frühe Spielzeit fühlt sich komisch an. Wie in der A-Jugend, wo immer um 11 Uhr morgens angepfiffen wird.

FORTYONE: Hat sich in dieser besonderen Situation eigentlich eure Art zu kommunizieren verändert? Redet ihr ausführlicher mit Leuten? Ruft ihr alte Freunde an, mit denen ihr lange nicht mehr gesprochen habt?

MATS: Etwas mehr ist es schon geworden. Wir sind ein ganz enger Freundeskreis. Es gibt diese Houseparty-App. Da siehst du, ob einer von den Jungs online ist, und dann quatscht du kurz zwei Minuten mit ihm, wenn er gerade noch im Büro sitzt oder schon zu Hause ist. Dann kommt noch ein anderer Freund dazu, auf einmal bist du in einer Fünfergruppe, quatscht irgendeinen Mist. Irgendwann verabschiedest du dich, aber du triffst die Jungs zwei Stunden später wieder. Bei mir ist es deutlich mehr Kommunikation geworden. Weil eben auch mehr Zeit dafür ist. Ich habe keine Spiele oder die Flüge, die sonst immer anstehen. So ein Tag kann schon lang werden. Dann gehe ich achtmal rüber zur Kaffeemaschine und mache mir einen Cappuccino. Es gibt einfach viel mehr Stunden am Tag, in denen ich mit Leuten reden kann.

DIRK: Bei mir ist das genauso. Wir machen manchmal einen Zoom-Chat mit befreundeten Familien, die Kinder im selben Alter haben. Wir gehen die Woche durch, was wir alles erlebt haben. Das ist witzig. Und vor zwei Tagen hat der Marvin Willoughby – der jetzt Manager der Hamburg Towers ist – so ein Event für die Corona-Hilfe gemacht. Wir haben auf einer Online-Plattform Uno gespielt! Wir waren zu viert: Unser alter Kollege Robert Garrett, Desmond Greene, Marvin und ich. Das war wie in alten Zeiten, wirklich total witzig. Das Logged-In-Festival hat das aufgenommen und wir haben damit ihre Corona-Initiative unterstützt. Das hat echt Spaß gemacht: Die Jungs zu sehen, alte Sachen zu bequatschen und natürlich Trash Talk zu machen wie vor 25 Jahren. So etwas wäre natürlich sonst nie zustande gekommen. Man kann nicht nur im Haus sitzen und an Corona denken. Man muss trotzdem versuchen, das Leben zu genießen.

MATS: Beim BVB kniffeln wir jetzt schon live auf Instagram. Ist witzig.

DIRK: Ich wurde erst gefragt, ob ich auch Gaming mache. Da habe ich gesagt: »Bist du wahnsinnig? Mit drei kleinen Kindern? Ich habe seit zehn Jahren keine Playstation mehr gespielt.« Und dann kam: »Was habt ihr früher vor 20 Jahren immer gemacht?« Da habe ich gesagt: »Wir haben immer Uno gespielt.« So kam die Idee auf. Es gibt so eine Online-Seite für Uno, und dazu gibt es einen Gruppen-Chat. Wir konnten reden und dabei haben wir Uno gespielt. Das war Weltklasse.

FORTYONE: Und welche Serien guckt ihr gerade? Konzerte? Bücher?

MATS: Ich würde wirklich gerne sagen, dass ich Bücher lese. Aber ich habe bisher nicht eine einzige Seite aufgeschlagen, obwohl ich mir vorgenommen habe, mich eine Stunde am Tag hinzusetzen und zu lesen. Am Ende hänge ich doch viel vor dem Laptop oder Fernseher und gucke Serien an. Da schäme ich mich ein bisschen für. Ich habe in den letzten drei Wochen echt schon viel geguckt – jetzt gerade wieder White Collar. Falls ihr das kennt. Das ist nicht so ganz bekannt. So ein bisschen Suits-Style. Und davor habe ich Unbelievable durchgeschaut. Und Don’t F**k with Cats. Was ziemlich krass war.

DIRK: Davon habe ich gehört. Hab’s aber noch nicht gesehen. Muss man das gesehen haben?

MATS: Ja, das ist richtig spannend. Ich konnte nicht aufhören und habe das an zwei oder drei Abenden hintereinander durchgezogen. Es war dann so halb eins, und ich habe doch noch eine Folge geguckt, weil ich nicht aufhören konnte – der Klassiker beim Seriengucken. Insgesamt: Bisschen zu viel Serien. Bisschen zu wenig Weiterbildung (lacht).

FORTYONE: Ach, komm. Serien gehen als Bildung durch, oder?

DIRK: Nicht ganz, nicht ganz. Aber wenn wir uns abends hinsetzen, dann gucken wir auch Serien. Homeland haben wir angeschaut, das läuft aktuell die achte Staffel. Und gerade ist von Ozark die dritte Staffel rausgekommen.

MATS: Ist die gut?

DIRK: Ist ganz witzig, viel Action. Und was hier in Amiland unglaublich populär war, ist diese Show Tiger King. Habt ihr das gesehen?

MATS: Noch nicht. Aber ein Freund von mir hört seit gestern nicht auf. Der hat das vorgestern angefangen. Er schreibt mir stündlich, dass ich das jetzt endlich angucken soll. Das ist dieser Joe Exotic, oder?

DIRK: Genau, Joe Exotic. Die erste Episode legt die Hintergründe dar – und dann zieht dich das richtig rein. Dann wird es von Episode zu Episode komischer und krasser. Es sind, glaube ich, nur sechs oder sieben Episoden. Das haben wir innerhalb von zwei, drei Tagen durchgeschaut, aber wie gesagt: Als Bildung geht das nicht durch.

Layout-Teiler

Was guckt ihr so?

White Collar
Unbelievable
Don’t F**k with Cats
Homeland
Ozark
Tiger King

Layout-Teiler

FORTYONE: Und Bücher?

DIRK: Mats hat ja schon erzählt, was er liest.

MATS: Das SZ+-Abo habe ich mir geholt. Weil die gute Berichterstattung machen, nicht ganz so aufgeregt, sondern ein bisschen sachlicher. Das ist mir immer ganz lieb.

DIRK: Ich lese auch viel Zeitung im Moment. Klar, vorwiegend Times und Wall Street Journal. Bücher weniger. Wenn du den ganzen Tag Kids hinterher rennst, dann geht abends einfach nur: Hinsetzen, Serien schauen, Chillen und dann früh ins Bett. Zum richtigen Lesen komme ich vermutlich erst wieder, wenn ich wieder mehr allein reise oder die Kids älter werden. Im Moment ist das ein bisschen on hold.

FORTYONE: Ihr hattet ja ein großes gemeinsames Event für den nächsten Monat geplant: Champions for Charity. Könnt ihr uns kurz erzählen, wie ihr mit der Verschiebung umgeht und was ihr stattdessen macht? Engagiert ihr euch in diesen besonderen Zeiten sonst noch anderweitig?

MATS: Ich mache bei drei Sachen mit: Zunächst beim Projekt WeKickCorona von Leon Goretzka und Joshua Kimmich. Die haben mich schon früh gefragt, und ich fand das eine richtig gute Sache. Ich finde es ziemlich stark, dass zwei 25-jährige so eine Vorreiterrolle eingenommen haben. Du kannst dich als Privatperson oder als Geschäft bewerben, wenn die gegenwärtige Situation dir oder deiner Firma extrem zusetzt. Das Geld geht auch an andere Charity-Aktionen – da gibt’s auf der Seite eine Liste. Außerdem engagiere ich mich für UNICEF, wo wir beide, Dirk ja auch, Teil der aktuellen Kampagne #TeamMenschheit sind. Und natürlich für Common Goal – das ist eine Initiative, bei der ich schon seit Jahren mitmache und ein Prozent vom Gehalt spende. In der Regel suchen die die Projekte aus, an die sie spenden – zum Beispiel in Afrika oder Südamerika. Und im Moment machen sie eben eine Corona-Sonderaktion. Das sind meine drei Sachen. Die Talente, die ich habe, helfen in der aktuellen Situation wenig. Also engagiere ich mich mit dem Geld, das mit den Talenten erworben wurde.

DIRK: Champions for Charity wäre bestimmt eine tolle Sache geworden. Wir wollten es im Frühsommer richtig groß im Frankfurter Stadion aufziehen…

MATS: … vor sechs Jahren war es noch in einem etwas kleineren Stadion in Würzburg.

DIRK: Genau. Dann waren wir ein paar Jahre in Mainz und im letzten Sommer in Leverkusen. Und jetzt in Frankfurt. Danke nochmal, dass du dabei gewesen wärst, Mats. Jetzt wurde natürlich alles verschoben. Wir haben einen Ausweichtermin im Oktober gefunden, aber Genaueres können wir natürlich erst demnächst bekanntgeben. Die Verschiebung ist schade, denn das macht immer super Spaß. Wir haben immer tolle Sportler da, die unser Projekt unterstützen. Wir sammeln Geld für einen guten Zweck und ich denke, dass wir das nachholen können. Ansonsten engagiere ich mich natürlich mit meiner Stiftung in Amerika. Wir haben beispielsweise ein Essensprogramm für Kinder und Familien unterstützt, die es sich nicht leisten können, zweimal am Tag zu essen. Da im Moment keine Schule ist, bekommen manche Kinder, die normalerweise in der Schule zu Mittag essen, nicht genug. Das Programm heißt North Texas Food Bank und bietet eine Art Drive Thru, wo die Familien sich die Sachen sicher abholen können – Lebensmittel für eine Woche. Wir versuchen hier zu helfen, wo es geht. Ich habe ja schon erzählt, dass Texas heftig betroffen ist. Vielen Leuten geht es nicht gut. Und wir versuchen zu helfen, wo es geht.

FORTYONE: Wie stellt ihr euch vor, wie die Zeit danach sein wird? Habt ihr eine Vision davon, wie sich unser Zusammenleben, unsere Gesellschaft verändern werden, wenn das alles irgendwann überstanden ist? Verschieben sich vielleicht die Prioritäten?

MATS: Was mir auffällt, ist, dass die Leute zurzeit sehr rücksichtsvoll miteinander umgehen. In der Öffentlichkeit. Wenn du einkaufen gehst. Ich gucke hier auf einen See in Dortmund, der bei schönem Wetter ein richtiger Hotspot ist. Normalerweise ist hier alles voll, vor allem am Wochenende, bei 20 Grad und Sonne. Jetzt ist viel weniger los. Du siehst, wie schön gestaffelt die Leute gehen – das erinnert mich ein bisschen an einen Kindergartenausflug, wenn die Kinder in Zweierreihen an der Ampel warten. Es halten sich alle gut dran. Das finde ich schön zu sehen, dass die Leute respektvoll miteinander umgehen. Ob das dauerhaft so bleibt oder ob sich alles doch wieder schnell normalisiert – keine Ahnung. Ich selbst bin ein großer Rausgänger – Cafés, Restaurants. Ich freue mich schon extrem darauf, wenn das wiederkommt. Vielleicht wird man bei manchen Dingen etwas vorsichtiger und überlegt sich, ob es wirklich notwendig ist, rauszugehen. Aber ich kann echt nichts vorhersagen.

DIRK: Das geht mir genauso. Was das neue »normal« ist, wenn diese Sache mal vorbei ist, wissen wir alle nicht. Ich finde es natürlich auch toll und beeindruckend, wie die Leute zusammenhalten und versuchen, Gutes zu tun und sich gegenseitig zu helfen. Wie viele Spendenaktionen hier laufen. Es ist toll zu sehen, wie in so einer Krise die Leute zusammenkommen. Und was unsere Ärztinnen und Krankenpfleger und Krankenschwestern machen, ist einfach der Wahnsinn. Auch wie sie unterstützt werden, ist toll. Aber was danach passiert, davon habe ich auch keine Ahnung. Was unser neues »Normal« sein wird. Ob wir weniger rausgehen. Oder ob wir sagen: »Jetzt erst recht.« Ich lebe ja sowieso eher etwas zurückgezogen und muss nicht immer raus. Aber man vermisst schon einiges, wenn man immer im Haus sein muss. Freunde und Familie, ganz normale Sachen, einfach mal rauszugehen und irgendwo Kaffee zu trinken. Das lernt man schon wieder schätzen. Ich hoffe einfach, dass wir bald wieder zur Normalität zurückkehren.

FORTYONE: Wenn es irgendwann einen Impfstoff geben sollte und der Lockdown gefahrlos aufgehoben werden könnte: Was tut ihr als erstes?  

MATS: In Dortmund gehe ich immer ins gleiche Café. Da gehe ich dann sofort hin. Ich glaube, ich gehe bei Wiedereröffnung rein, frühstücke, bleibe über Mittag da, Nachmittags Kaffee und Kuchen, und ich gehe erst wieder, wenn die mich rauswerfen – keine Sekunde früher.

DIRK: Ich werde mit meiner Frau essen gehen. Das vermisse ich. Hier gibt es tolle Restaurants, Steakhouses, Sushi, alles, was man sich vorstellen kann. Ich glaube, das ist das Erste, was wir machen werden. Und mit den Kids auf irgendwelche Kletterburgen. Das werden wir auf jeden Fall machen, wenn sie wieder raus dürfen.

MATS: Der öffentliche Spielplatz fehlt, oder?

DIRK: Wir haben einen kleinen Spielplatz in unserem Garten eingerichtet, aber die Interaktion mit anderen Kids, die Gesellschaft vermissen wir natürlich schon. Ich glaube, das werden die ersten paar Sachen sein: essen gehen mit meiner Frau und mit den Kids etwas unternehmen.

FORTYONE: Jungs, ich danke euch, dass ihr euch so viel Zeit genommen habt.  

MATS: Gerne. Das war eine willkommene Abwechslung.

DIRK: Haut rein!