FORTYONE: Dirk, zuerst wollen wir dich natürlich wieder nach deiner Gesundheit fragen. Wie hält dein Knöchel? Kannst du wieder Kurven laufen?
NOWITZKI: Ja, kann ich. Und dem Fuß geht’s viel besser. Die OP ist ja mittlerweile auch fast vier Monate her. Wir haben jetzt erst langsam wieder das Rennen angefangen: Laufbahn, ein bisschen auf dem Feld, allmählich einige seitliche Bewegungen. Ein paar Sprünge, beidbeinig, jetzt langsam auch schon wieder einbeinig. Aber es ist natürlich noch ein weiter Weg, bis ich spielfit bin. Es ist gut, dass wir jetzt schon so weit sind. Ich habe jetzt noch fast den ganzen August und fast den ganzen September, erst dann geht das Camp los. Diese sechs, sieben Wochen werde ich noch gut gebrauchen können. Aber wir haben bisher von Woche zu Woche immer intensiver trainiert. Bis jetzt läuft alles gut.
Wie sieht denn zurzeit dein Trainingsalltag aus? Normalerweise würdest du jetzt in Deutschland trainieren, oder?
In so einem langen Reha-Sommer muss man einfach geduldig sein. Man wünscht sich manchmal, dass alles ein bisschen schneller geht. Aber dann muss man sich daran erinnern, dass es doch eine richtige OP war. Normalerweise würden wir jetzt noch reisen und ein wenig Urlaub machen. In dieser Phase würde ich hauptsächlich Krafttraining machen und in der Halle ein bisschen schießen. So haben wir das die letzten Jahre immer gemacht. Um diese Zeit waren wir letztes Jahr zum Beispiel mit der NBA in Johannesburg in Südafrika. In diesem Jahr haben wir sehr langsam neue Bewegungen hinzugefügt, haben geschaut, wie der Fuß reagiert, haben uns dann wieder etwas zurückgenommen und das Programm variiert. Eins nach dem anderen. Ich erwarte, dass ich fit bin, wenn die Saison losgeht.
Mit wem stehst du denn jetzt gerade in der Halle, wenn du trainierst?
Unser Athletiktrainer Jeremy (Holsopple) ist fast jeden Tag da. Wir haben ja mittlerweile einen ganzen Staff von Athletiktrainern, drei oder vier. Jeremy ist fast immer dabei und wenn nicht, dann ist immer jemand anderes vor Ort. Ich bin nicht der einzige, der jetzt in Dallas trainiert. Wesley Matthews ist noch da. Harrison Barnes macht jeden Tag was. Dwight Powell war im Sommer fast immer da. Maxi hat im letzten Monat auch in Dallas trainiert, ist aber jetzt wieder zurück nach Deutschland. Es sind im Sommer also immer Leute da, die trainieren, dazu die Physios und ein Athletiktrainer.
Du hast in den Sommermonaten bisher immer deine Toolbox erweitert und neue Skills draufgesattelt. Versuchst du mit 40 eher, den Status Quo zu halten? Oder geht es immer noch darum, dein Spiel zu erweitern und neue Dinge draufzupacken?
Es kommt erst einmal darauf an, wie der Fuß reagiert, wie ich wieder fit werde. Ich glaube, erst dann kann ich wieder an andere Dinge denken. Im Moment geht’s erst einmal darum, das nötige Fitnesslevel zu erreichen. Und wenn die Beweglichkeit wieder da ist, dann kann ich überlegen: Hey, wär’ doch cool, wenn ich in der Saison wieder etwas mehr machen könnte. Das war im letzten Jahr nicht so toll. Ich war einfach ein bisschen limitiert, vor allem bei seitlichen Bewegungen. Ich hoffe einfach, dass der Fuß wieder besser ist, und dann kann ich mich auf die Saison freuen. Eins nach dem anderen, denn spielkonditionsmäßig habe ich lang nichts machen können. Es ist schon zäh, sich wieder fit zu machen. Aber ich hoffe, es zahlt sich aus.
Was würdest du denn konkret noch neu erarbeiten wollen? Oder wieder aufgreifen?
Es gibt überall Sachen, in denen ich mich im Vergleich zum letzten Jahr verbessern kann. Ein bisschen mehr durchziehen. Das ging ja im letzten Jahr eher selten. Etwas häufiger aufposten, den Ball etwas mehr fordern. Hier und da ein paar Hook Shots, wenn ich nicht durchziehen kann. In der Verteidigung etwas mehr Beweglichkeit.
Du hast jetzt gerade für ein weiteres Jahr unterschrieben. Hast du dich mit deinem neuen Team schon richtig auseinandergesetzt? Redet ihr viel über die Neuen, über das neue Team?
Gegenüber letztem Jahr haben wir uns auf jeden Fall verbessert. DeAndre (Jordan) ist ein sehr, sehr guter Center, der uns in der Verteidigung und beim Rebound wahnsinnig helfen wird. In Carlisles System ist ein 5er, der rollen kann, ja eine wichtige Position. Ich freue mich natürlich schon darauf, mit ihm zu spielen. Und dann sind wir natürlich alle gespannt, was der Luka (Dončić) bringt. Er hat sehr hohe Erwartungen an sich. Ich hoffe, dass er ihnen standhalten kann. Ich werde natürlich versuchen, ihm zu helfen, so viel ich kann. Ich werde versuchen, ihm meine Erfahrungen weiterzugeben. Aber für ihn wird es natürlich ein hartes Jahr. Viele Leute erwarten sehr viel von ihm, und das ist natürlich nicht leicht. Aber soweit ich bisher gesehen habe, ist er ein sehr guter Junger. Clever, hat super Fähigkeiten, ist super skilled. Ich glaube, wenn er auch noch eine gute Arbeitseinstellung hat und Spaß an der Sache, kann er ein toller Spieler werden und uns in Zukunft helfen. Und na klar: Harrison muss eine gute Saison spielen, Wes macht sich gerade wieder topfit, Dennis (Smith Jr.) hat hoffentlich auch einen Schritt nach vorne gemacht. Als 19-jähriger hat er am Ende der letzten Saison echt super gespielt. Hoffentlich kann er darauf aufbauen. Ich hoffe vor allem, dass wir diesmal besser in die Saison starten. Ich glaube, letztes Jahr hatten wir im ersten Monat den schwersten Spielplan der Liga. Und das war einfach nicht gut für die junge Mannschaft, wir kamen nie richtig in die Gänge. Ich hoffe einfach, dass wir am Anfang ein bisschen Glück haben und paar Spiele gewinnen und dann dadurch zusammenwachsen und hoffentlich eine gute Saison spielen.
Kannst du berichten, wie die letzte Draft Night war, wie es dieses Jahr im War Room aussah, als Dončić gdraftet wurde? Welche Spannung und welches Excitement da geherrscht hat? War das anders als bei den anderen Drafts?
Als wir letztes Jahr Dennis Smith Jr. bekommen haben, waren alle sehr happy, dass wir ihn an 9. Stelle gekriegt haben. Es gab viele High Fives. Und dieses Jahr bei Luka war’s genauso, als wir den Deal gemacht haben. Alle freuen sich auf Luka, alle waren rundum zufrieden und happy. Ich hoffe natürlich, dass er sich hier durchsetzt und eine richtig gute Saison spielt.
Eine Storyline interessiert uns noch: Letztes Jahr wurde Devin Harris weggetradet, jetzt kommt er wieder zurück nach Dallas. Ich erinnere mich vage, dass du im letzten Jahr nicht begeistert warst, dass er getradet wurde. Wie ist es, wenn so jemand zurückkommt?
In der letzten Saison waren wir zu der Zeit, als der Trade kam, eigentlich schon zu weit hinten dran waren. Es war klar, dass wir den Jungen viel Spielzeit geben würden, und da hat sich wohl auch Devin gesagt: »Ich bin im letzten Jahr meines Vertrags, ich würde gern noch mal einen Vertrag kriegen.« In so einer Situation will man eher zu einer Mannschaft, die Ambitionen hat, und er ist nach Denver gekommen. Die wären ja fast in die Playoffs gekommen. Das letzte Spiel haben sie verloren und damit hat Minnesota den Playoff-Spot bekommen. Aber zumindest konnte er sich präsentieren. Er wollte zu einer Mannschaft, die Chancen auf die Playoffs hatte. Von daher passte das: Der Devin wollte weg, und die Mavs haben ihn zu einem Playoff-Contender getradet. Solche Sachen sind nicht so wild. Wir haben uns natürlich gefreut, dass Devin wieder zurückkommt und noch einmal hier spielen will. Das ist natürlich super, denn in der Community hier ist er sehr beliebt. Er ist schon lange hier und macht tolle Sachen für die Stadt. Er passt super rein, und ich freue mich, dass er wiederkommt.
Ist es für dich auch wichtig, dass du so ein, zwei Leute in deinem Team hast, die du auch Freunde nennen kannst? Ihr kennt euch schon sehr lange, er ist eher deine Altersklasse. Ist das wichtig für dich?
Ich versteh mich sehr gut mit Devin. Wie gesagt, ich freue mich, dass er wiederkommt. Aber ich habe damals, als Steve (Nash) weggegangen ist, gelernt, dass das hier ein Business ist. Mit Freundschaft ist da nicht viel her. Da werden eiskalte Entscheidungen gemacht, wer besser für die Mannschaft ist, fürs Finanzielle der Mannschaft. Da geht es oft weniger um Freundschaft. Aber klar, ich verstehe mich gut mit den Älteren – Wesley, Harrison, Dwight. Mit den Jungen verstehe ich mich auch gut, aber da ist der Altersunterschied, sodass wir ein bisschen andere Interessen haben und über andere Themen sprechen. Aber eigentlich verstehe ich mich mit allen sehr gut.
Kommen wir zum Rekord, zum 21. Jahr. Denkst du viel darüber nach? Hat das eine große Bedeutung für dich? Was ist dein Verhältnis zu dieser Zahl 21?
Es ist der Wahnsinn, dass ich seit 21 Jahren in dieser Stadt auf einem einigermaßen guten Level NBA-Basketball spiele. Das macht mich schon stolz und glücklich. Aber im Endeffekt ist das, was zählt, im kommenden Jahr noch einmal eine tolle Saison zu spielen. Im letzten Jahr war es doch teilweise sehr frustrierend. Darauf liegt erst einmal mein Hauptaugenmerk: als Mannschaft eine bessere Saison zu spielen. Und alles andere – das habe ich ja immer gesagt – ist super, wenn die Karriere vorbei ist. Wenn ich in zehn Jahren meinen Kids zeigen kann: Schaut mal, so lange war ich da. Aber im Moment geht’s mir darum, fit zu werden und eine vernünftige Saison zu spielen.
Neben der Reha: Wie sieht dein Sommer aus?
Diesen Sommer ist alles relativ slow. Wir waren ein bisschen mit den Kids im Urlaub am Strand. Aber ansonsten ist wirklich nicht viel los. Morgens Reha und nachmittags Kinderzeit. Die Kids haben frei, springen jeden Tag in den Pool. Im Moment gibt’s nicht viel zu erzählen.
Gefällt dir denn diese Ruhe? Sonst seid ihr ja immer viel unterwegs.
Man muss sagen: Dieser Sommer ist ein bisschen anders als die anderen. Normalerweise reisen wir immer vier, sechs, acht Wochen am Stück. Und in diesem Jahr sind wir hier in Dallas. Was schon ein bisschen anders ist, denn es wird wahnsinnig heiß in der Stadt. Aber es macht auch Spaß, außerdem ist es einfach gut für meinen Fuß, dass ich nicht so viel reise und jeden Tag vernünftig Reha machen kann. Das war schon gut durchdacht. Leider kommen wir deshalb in diesem Sommer aber nicht nach Deutschland. Stattdessen war mein Vater zu meiner Geburtstagsparty da.
Du bist 40 Jahre alt geworden. Wie war denn die Feier?
Die Party war Weltklasse. Das war im Grunde eine Überraschungsparty, meine Frau hat das organisiert. DJ Jazzy Jeff hat aufgelegt. Und spätabends ist dann noch Busta Rhymes aufgetreten. Es war eine 90er-Party, alle waren ein bisschen verkleidet und hatten Sachen aus der Zeit an. Mein Vater war da, mein Schwager war da, Freunde aus Deutschland waren da, aus ganz Amerika sind welche eingeflogen, unsere Hütte war voll, viele mussten ins Hotel. Hat Riesenspaß gemacht, war echt toll.
Wir haben gesehen, dass du als Rookie-Dirk verkleidet warst.
Ja, ich hatte in den 90ern ja immer diese weiten Jeans und weite T-Shirts an. Das war damals in. Und deswegen habe ich versucht, nachzustellen, wie ich aussah, als ich gedraftet wurde. Hab mir ’ne Perücke gekauft, hab’ mir wieder das Ohr durchstechen lassen.
Richtig durchstechen lassen?
Ja, wenn du einmal ein Loch hattest, kannst du das immer wieder durchstechen lassen. Es wächst da nur so eine kleine Hautschicht drüber. Die hab’ ich durchgestochen und hatte dann für den Abend wieder einen Ohrring wie damals. Ich hatte auch einen Pager – die waren ja früher in. Ich hatte einen Pager am Gürtel und einen Ring am kleinen Finger. Ich bin echt voll in die 90er zurückgegangen. Ein paar Leute waren Run-DMC, jemand war Ali G. Eine war verkleidet als Pretty Woman. Da waren echt tolle Sachen dabei.
Und dann der echte Busta Rhymes!
Ja, Busta Rhymes ist aufgetreten. Eine halbe, dreiviertel Stunde. Ich wusste zwar, dass der DJ kommt, der stand auch auf der Einladung. Ich wusste aber nicht, dass Busta Rhymes auftritt. Das war eine Überraschung, das war Weltklasse. Hat Riesenspaß gemacht.
About last night… pic.twitter.com/7VKUw9Atu2
— Dirk Nowitzki (@swish41) 20. Juni 2018
Traditionell macht ihr im Sommer ja immer auch ein paar Events für die gute Sache.
Wir haben natürlich wieder unser Baseballspiel auf die Beine gestellt. Es war wieder ausverkauft und ein tolles Event, das haben wir toll hingekriegt. Und im Moment laufen die Vorbereitungen für das Tennisturnier am 15. September, wie immer eine Woche nach den US Open. Im letzten Jahr war das auch ein tolles Event. Wir haben im letzten Jahr eine Menge Geld für die Opfer von Hurricane Harvey gesammelt. Die Vorbereitungen laufen schon seit ein paar Wochen wieder auf Hochtouren. Meine Frau ist da sehr involviert, mehr als ich. Wir versuchen, wieder tolle Spieler zu kriegen und ein tolles Event auf die Beine zu stellen.
— The DN Foundation (@FoundationDn) 9. August 2018
Apropos Charity-Arbeit: In den letzten Tagen hat LeBron seine Schule eröffnet, hast du das mitbekommen?
Ja, Wahnsinn. Hut ab! Nicht nur, dass es eine richtige Schule ist, sondern auch, wie diese Schule konzipiert ist. Dass es da eine Foodbank gibt und eine Jobbörse für die Eltern. Die Kids werden versorgt und bekommen auch Verpflegung mit nach Hause, wenn sie das brauchen. LeBron hat erzählt, dass er als Junge häufig den Unterricht verpasst hat, weil er kein Verkehrsmittel hatte, um überhaupt in die Schule zu kommen. Und da kam ihm der Gedanke, dass er allen Kids ermöglichen will, auf jeden Fall jeden Tag zur Schule kommen zu können. Also bekommt jedes Kind ein Fahrrad und einen Fahrradhelm. Damit sie mobil sind und Möglichkeiten haben. Das ist insgesamt schon super, super durchdacht und gemacht. Davor ziehen echt alle hier den Hut. Tolle Sache.