»Ein kleiner Teil von mir ist gestorben«

Bei der WM 2006 stand Johannes Herber mit Dirk auf dem Feld. 2012 musste er seine Laufbahn beenden. Im Gespräch mit Silke Mayer erzählt er von seinem Weg zum Erfolg – und der Zeit nach der Karriere.

Unser Anliegen im 41Campus ist es, die persönliche Entwicklung von Kindern und Jugendlichen in Sportteams wertebewusst zu begleiten. Deshalb wollen wir vor allem Trainer und Trainerinnen in ihrer Vorbild- und Mentorenfunktion stärken. In unserem Podcast spreche ich mit erfolgreichen Menschen im Sport über werteorientiertes Leadership.

Mein Interviewpartner in dieser Podcast-Folge ist der ehemalige Basketballprofi Johannes Herber. Johannes spielte unter anderem in Berlin und Frankfurt und war in der Nationalmannschaft Dirks Teamkollege. Seit 2019 ist er Geschäftsführer der Spielergewerkschaft »Athleten Deutschland e.V.«

Silke: Hallo Johannes, vielen Dank, dass Du Dir heute Zeit nimmst für das Gespräch. Du hast den Traum vieler jungen Sportler:innen verwirklicht und in den USA am College studiert und Basketball gespielt. Wie hast Du diese Zeit erlebt?

Johannes: Das war für mich damals keine leichte Entscheidung. Die Frage war, wo ich mich besser entwickeln kann als Spieler. In der deutschen Bundesliga hätte ich für die Frankfurt Skyliners spielen können, die mir einen Vertrag angeboten hatten. Aber ich wollte diese College-Erfahrung machen, weil ich in den USA spielen wollte und die Kombination aus Studium und Leistungssport dort besser möglich war als in Deutschland. Ich wollte dort Basketball spielen, wo es herkommt. Und ich konnte den Sprung machen von 400 Leuten in der Halle in Langen zu 15.000 Zuschauern bei unseren Heimspielen in West Virginia. Diese Zeit war für mich sehr prägend, weil es so intensiv war. Ich konnte mich mit den Besten messen.

Welche Eigenschaften und Werte haben Dir geholfen, ein erfolgreicher Profi-Basketballer zu werden?

Ich war sehr zielstrebig. Ich hatte die Gabe, mich dieser einen Sache »Basketball«, in die ich mich verliebt hatte, voll zu widmen und alles andere komplett auszuschalten. Diese Konflikte, in die man als Jugendlicher vielleicht kommt, wie Party, Frauen oder andere Ablenkungen, die gab es für mich gar nicht. Für mich war ganz klar, dass ich diesen Weg gehen will und das Beste aus mir im Basketball rausholen will. Das war bei mir ausschlaggebend, weil ich nicht unbedingt der talentierteste Spieler war. Ich war nicht super athletisch, ich musste mir viel erarbeiten. Ich habe es geschafft, weil ich sehr fokussiert war. Und ich war in Langen in einem Team, in dem ich viel Spielzeit bekommen habe. Immer wieder diese Wettbewerbssituation zu haben, hat mir sehr gutgetan.

»Es gab ihn nicht mehr: Johannes Herber, den Basketballspieler.«

Du hast gesagt, »ich hatte das Gefühl, dass ein kleiner Teil von mir gestorben ist«, als Du Deine aktive Profi-Karriere beendet hast. Wie hat sich das angefühlt und wie ging es danach für Dich weiter? Wie entdeckt man wieder einen neuen Teil von sich?

Ich musste aufhören mit diesem Sport, weil ich jeden Tag starke körperliche Schmerzen hatte. Das Training bestand nur noch darin, mich irgendwie körperlich in eine Situation zu bringen, dass ich überhaupt trainieren konnte. Es war sehr zermürbend und es war klar, so macht das keinen Sinn mehr. Gleichzeitig merkte ich aber, dass ich mich ganz schwer von diesen Gewohnheiten lösen konnte: ins Training fahren, mit dem Team zusammen sein, den Ball anfassen, zu dribbeln, die Spiele. Obwohl ich andere Interessen in meinem Leben hatte, war es wie eine Identitätskrise, als ich nicht mehr diesen Rahmen für mich selber hatte. Es gab ihn nicht mehr: Johannes Herber, den Basketballspieler. Das Neue, was danach kommen sollte, war für mich damals noch total unklar. Ich hatte viele Interessen, aber keine Ahnung, wie ein Job aussieht, und wusste nicht, wo ich mir wieder so eine Expertise erarbeiten konnte. Das hat mich verunsichert und es hat eine Weile gedauert, bis ich mich wieder komplett sicher fühlte auf den eigenen Füßen.

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Das Gespräch in voller Länge

Wenn Du wissen willst, warum das Sprichwort »No Pain, No Gain« eigentlich Quatsch ist, dann höre Dir hier das gesamte Gespräch als Podcast an.

Johannes Herber, 1983 in Darmstadt geboren, besuchte das Basketballinternat in Langen und studierte an der West Virginia University Politikwissenschaften – natürlich spielte er auch dort Basketball. Von 2006 bis 2010 war er für Alba Berlin aktiv, später für die Walter Tigers Tübingen und die Fraport Skyliners Frankfurt. Als Mitglied der A-Nationalmannschaft nahm er zusammen mit Dirk an der Basketball Weltmeisterschaft 2006 in Japan teil und wurde zu einem der Leistungsträger. 2012 beendete er aufgrund von Verletzungen seine aktive Profikarriere, die er in dem Buch »Almost Heaven: Mein Leben als Basketballprofi« beschreibt. Seit 2019 setzt er sich als Geschäftsführer der Spielergewerkschaft »Athleten Deutschland e.V.« für die Interessen von Profisportlern ein.

Für FORTYONE hat er über Holger Geschwindners Bamberger Trainingsgruppe und über die Olympiateilnahme 2008 geschrieben.

___ von Silke Mayer.