»Das Team steht an erster Stelle«

Die Basketballerin Leonie Fiebich nimmt uns mit in die Schlussphase der EM und spricht über ihre Zukunft in der WNBA. Ein Gespräch mit Silke Mayer und Luis Hißmann.

»In dieser Podcast Folge gibt Leonie gibt spannende Einblicke in die dramatischen Szenen der Basketball-Europameisterschaft. Außerdem erzählt sie, was ihr hilft, mit Leistungsdruck umzugehen und wie sie ihre Zukunft in der WNBA sieht. Leonie ist wirklich eine inspirierende Sportlerin, die alles für ihr Team gibt. Dieser Podcast wurde erstmals vom 41Campus-Team umgesetzt, von meinem Kollegen Luis Hißmann und mir. Wir wünschen euch viel Spaß beim Zuhören.« 

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Luis Hißmann: Ich würde gerne ein Detail nochmal beleuchten, und zwar dieses Spiel gegen Tschechien – auch hier in Würzburg sind die Schreie durch die Halle geflogen, als wir Public Viewing gemacht haben. War ja doch ein sehr wildes Spiel phasenweise. Nimm uns doch einfach mal mit in die Schlussphase, in die Auszeit, die zweite Auszeit, was da so passiert ist in den letzten Sekunden.

Leonie Fiebich: Ja, wir haben echt nicht so gut gespielt in dem Spiel. Wir waren die ganze Zeit vorne hinten, und dann zum Schluss waren wir echt lange hinten, dann haben wir uns zurückgekämpft, und dann ist es zu so einer Situation gekommen, da hatten wir den Ball und hatten drei Würfe zum Schluss, haben es nicht geschafft, den Ball in den Korb zu kriegen, waren mit zwei hinten. Dann gab es ein Out-of-bounds-Play, dann ist der Ball raus und wir hatten noch 0,4 Sekunden auf der Uhr und unsere Trainerin hat eine Auszeit genommen. Sie hat ein Play aufgemalt und dann sind wir aus der Auszeit raus und haben uns aufgestellt, und dann hatten die tschechischen Trainer offenbar die Auszeit mitgehört im Livestream, weil unsere Trainerin ja Kanadierin ist und Englisch spricht. Dann haben sie natürlich gewusst, was wir machen wollen, und dann haben sie sich total auf eine Spielerin eingeschossen, auf Sonni Greinacher, die vermeintlich im ersten Play den letzten Wurf kriegen sollte, und dann haben wir einfach bei uns in der Auszeit noch einmal getauscht, aber im Grunde das gleiche Play gespielt, und sind gelaufen. Und sie hatten sich so auf Sonni eingeschossen, dass ich dann so rumgecurlt bin um Marie, und hab dann so’n Tipp-In-Jumper geschossen, mit Brett, der dann doch reingefallen ist irgendwie, und dann sind wir in die Verlängerung gegangen, die auch gar nicht gut lief für uns. Wir lagen mit null-sechs hinten, es war wirklich gar nicht so cool, und dann schießt Svenja Brunckhorst aus der Ecke so’n Dreier and One – so’n krasser Wurf, da sind so viel Sachen passiert in dem Spiel, die echt total wild waren und absolutes Drama ausgelöst haben, aber es sollte einfach sein, und dann haben wir zum Schluss nochmal zwei Freiwürfe gekriegt und das Ding geholt.

»Mein ultimatives Ziel ist es, zu Olympia zu fahren.«

Luis: WNBA – Riesen-Thema. Deine Rechte sind schon zwei Mal hin- und hergeschwankt, liegen im Moment bei New York Liberty, zwischendurch mal bei Chicago, am Anfang bei LA. Wie gehst du damit um? Verspürst du Druck, weil deine Rechte bei jemandem sind, es irgendwann mal zu schaffen? Machst du dir selbst Druck, da irgendwie hinzukommen? Ich glaube, der Leistungssprung ist schon nochmal groß. Wie sind deine Erfahrungen bisher mit der WNBA, was sind deine Ziele darauf bezogen?

Leonie: Ja, mit der WNBA ist es ein bisschen anders als mit der NBA, weil es ja eine relativ kurze Saison ist und viele Spieler ja diese WNBA-Saison spielen und die Saison in Europa. Also ehrlich gesagt war ich natürlich schon total aufgeregt und total happy, dass ich da gedraftet worden bin 2019, aber dann musste ich so ein bisschen lernen, dass die Organisationen jetzt nicht so sind, wie man sich das vorstellt. Die haben sich vielleicht nach dem Draft ein, zwei Mal bei mir gemeldet, aber das war’s dann. Und wenn zum Beispiel meine Agentin gefragt hat, Was ist der Plan für mich?, dann kam da nicht so viel. Die haben sich halt nicht so darum gekümmert. Und dann wurde ich getradet nach Chicago, da war es das Gleiche, und jetzt in New York ist es ein bisschen anders. Das ist das erste Mal, dass sie auch regelmäßig den Kontakt suchen. Der Assistant-Coach ist auch Deutscher, das ist glaube ich ganz cool, und ich werde jetzt Anfang August wahrscheinlich auch nach New York fliegen, um die Leute kennenzulernen. Das Ziel ist schon, nächsten Sommer da zu spielen. Deswegen haben sie mich eingeladen, dass ich den Staff kennenlerne, die Spieler kennenlerne und die Stadt so ein bisschen, und das ist, glaube ich, ganz cool. Das ist das erste Mal, dass so ein WNBA-Verein zeigt, dass sie mich haben wollen. Aber für mich … es heißt immer, WNBA ist DER Traum … ja, es ist ein Ziel, aber es ist nicht mein ultimativer Traum. Mein ultimatives Ziel ist es, zu Olympia zu fahren, und ich werde alles machen, um zu Olympia zu fahren.

»Einfach nachfragen, mit Leuten kommunizieren, offen und ehrlich sein.«

Silke Mayer: Was würdest du Basketball-Mädels mit auf den Weg? Du hast ja auch erzählt, dass du als Trainerin schon aktiv warst. Was würdest du der jüngeren Generation gerne weitergeben?

Leonie: Ich glaube, was ich nicht so gemacht habe, als ich so jung war, war, um Hilfe zu fragen. In irgendeiner Situation, sei es basketballerisch oder nicht-basketballerisch, darf man die Leute um sich herum jederzeit um Hilfe bitten und jederzeit um Rat fragen. Ich glaube, das ist was, was einem echt weiterhelfen kann. Das habe ich damals mit meinen Verletzungen erfahren, dass es mir geholfen hat, und ich hätte mir gedacht, hätte ich das mal früher gemacht: einfach nicht zögern, einfach nachfragen, mit Leuten kommunizieren, einfach offen und ehrlich sein, Okay, ich hab jetzt ein Problem mit xy. Wie hast du das gemacht oder kannst du mir irgendwie weiterhelfen. Dass so ein Austausch stattfindet, unter Spielern oder mit Trainern zusammen. Das ist so eine Sache: Dass man da nicht so viel Respekt vor hat.

Das Gespräch in voller Länge

Wenn Du wissen willst, wie Leonie mit Verletzungen und Druck umgeht und wie sie die Chancen der deutschen Mannschaft für die Olympiaqualifikation einschätzt, dann höre Dir das gesamte Gespräch hier oder hier als Podcast an.

Unser Anliegen im 41Campus ist es, die persönliche Entwicklung von Kindern und Jugendlichen in Sportteams wertebewusst zu begleiten. Deshalb wollen wir vor allem Trainer und Trainerinnen in ihrer Vorbild- und Mentorenfunktion stärken. In unserem Podcast spreche ich mit erfolgreichen Menschen im Sport über werteorientiertes Leadership.

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Leonie Fiebich, 2000 in Landsberg geboren, wurde mit der Nationalmannschaft schon 2018 U-18-Europameisterin. Seit Oktober 2018 spielt sie für die deutsche Damen-Nationalmannschaft und gehört dort zu den Leistungsträgerinnen. Durch einen dramatischen Sieg gegen Tschechien konnte sich das Team bei der EM 2023 einen Platz beim Qualifikationsturnier für Olympia sichern. Auf Vereinsebene spielt sie seit 2018 erste Bundesliga, wurde als beste Nachwuchsspielerin ausgezeichnet, und wechselte 2021 nach Frankreich, ein Jahr später dann nach Spanien zu Casademont Zaragoza. Mit ihrem Verein gewann sie sensationell den spanischen Pokal und wurde zur MVP 2022-23 gewählt. 2019 wurde sie im WNBA-Draft ausgewählt, ihre Rechte liegen bei New York Liberty.

 

___ von Silke Mayer & Luis Hißmann.

Fotos © DBB