»In dieser Podcast-Folge gibt Svenja spannende Insider-Einblicke in die Vorbereitung der Nationalmannschaft kurz vor dem Qualifikationsturnier für Olympia. Außerdem erzählt sie, wie sie ihre Leadership-Rolle im Team versteht und wie sie den Frauenbasketball in Deutschland voranbringen möchte. Svenja ist wirklich eine inspirierende Sportlerin, die mit viel Power und Einfühlungsvermögen alles für ihr Team und den Sport gibt. Wir wünschen euch viel Spaß beim Zuhören.«
Luis Hißmann: Ein wichtiger Teil der EM war die Bundestrainerin, Lisa Thomaidis. Was sind ihre Qualitäten, wie würdest du ihren Führungsstil beschreiben?
Svenja Brunckhorst: Sie hat einen sehr, sehr klaren Führungsstil, einen sehr offenen und ehrlichen Führungsstil, ist aber super menschlich. Was viele auch von außen gesehen haben, war, dass die Auszeiten sehr klar sind, dass sie sehr empathisch aussieht. Intern haben ihre Ansprachen mich immer komplett abgeholt. Das ist das, was sie ausmacht. Sie kann sehr gut reden, egal, in welcher Situation. Sie hat vor, während und nach dem Spiel immer die richtigen Worte gefunden. Auch im Tschechienspiel war sie in der Auszeit super entspannt, super cool, ruhig. Wir waren alle sehr nervös, aber in der Auszeit war alles klar. Ich glaube, es ist wichtig, dass es ein fairer Stil ist. Als Trainer kannst du nicht alle zwölf Spielerinnen abholen, du kannst nicht alle spielen lassen, aber sie hat es geschafft, dass alle in der Mannschaft sich wertgeschätzt fühlen, ob es jetzt Spielerinnen in der Starting Five sind oder 11, 12, die beim Turnier nicht spielen. Sie hat den Medical Staff genauso hervorgehoben, sie hat es geschafft, dass wir eine Einheit wurden. Das ist ihr Führungsstil und da hat sie uns komplett abgeholt. Sie hätte uns sagen können, dass wir alle nur mit dem linken Bein springen dürfen, und wir hätten es gemacht. Sie hat uns überzeugt, weil es ehrlich war, weil es genau das war, was wir hören mussten. Wir wussten, wenn wir schlecht waren und mehr machen mussten. Ich weiß noch, es war in der Vorbereitung, drei Wochen vor der EM, und unser Training war katastrophal, wirklich unglaublich schlecht, und sie hat mich angeguckt und gesagt, Warum stresst ihr euch denn alle so? Warum seid ihr Deutschen denn immer so stressig? Und ich so, Ja, wir haben nur noch drei Wochen. Und sie, Aber erstmal ganz ruhig. Wir sind jetzt hier im Teambau und es interessiert keinen, wie dieses Training ist. Wenn wir in drei Wochen immer noch so schlecht sind, dann ist doof. Diese Art, uns einfach mal ein bisschen Lockerheit zu geben … wir sind ja manchmal schon sehr nervös, das ist ein Teil der deutschen Mentalität. Wir wollen alles perfekt machen, aber in eine falsche Richtung. Wir wollen zu viel, statt dass wir einfach mal runterkommen, und ruhig sind und gelassen und das einfach mal auf uns zukommen lassen. […] Dieser Glaube an uns war von Anfang an da.
Silke Mayer: Du bist ja die Kapitänin der Nationalmannschaft. Wie siehst du da deine Aufgabe und was ist deine Art, so ein Team zu führen?
Svenja: Ich bin jetzt schon sehr lange Kapitänin dieser Mannschaft, durfte das unter unterschiedlichen Trainern immer weitermachen. Meine Rolle in der Mannschaft ist meist die des Vocal Leader, in jeglichen Situationen. Ich versuche, ganz viel mit Spielerinnen off the court zu reden, damit das Umfeld passt. So dass sie, wenn es Probleme gibt, in mir eine Ansprechpartnerin haben. Wir hatten in den letzten Jahren viele Trainer, und wenn sie dann nicht recht wissen, ob sie zum Trainer gehen sollen, so hatten sie über die Jahre eine Konstante in mir. Da sehe ich mich im Fokus, dass ich versuche, allen ein gutes Umfeld zu geben, so dass sie mich ansprechen können, egal, was ist. Da will ich vorangehen. Aber das muss ich natürlich auch auf dem Spielfeld tun. Wir haben sehr viele verschiedene Charaktere und meine Aufgabe ist es, die alle zusammen zu holen, damit wir die gleiche Sprache sprechen. Wenn wir diese Werte für uns definiert haben, dass ich vorangehe, dass ich zeige, Okay, so und so möchten wir das, so haben wir das definiert, dass ich aber auch immer wieder Leute abhole.
Silke: Was würdest du einer jungen Sportlerin mitgeben?
Svenja: Ich habe einfach festgestellt: Du musst Spaß an der Sache haben. Es muss dich ausfüllen, es muss das Ganze wert sein, dass du all diese Sacrifices immer machst. Wie viele Stunden du in Deutschland hin und her tingelst und Sachen verpasst. Dass du dir auf der anderen Seite sagst, Ja, es macht Spaß, mit meinen anderen elf Mädels von Wasserburg nach Würzburg zu fahren, weil es toll ist, da ein Wochenende zu verbringen, und das ist genauso viel wert, macht mir genauso viel Spaß, wie am Wochenende mit meinen Freunden Kaffee trinken zu gehen. Dann ist es das wert, dann ist es das Größte und es kann einem so viel geben. Ich habe so viele tolle Leute kennengelernt durch den Sport, auf allen Ebenen. Sogar aus meinen ersten Mannschaften habe ich noch Freunde, die ich treffe, wenn ich zu Hause bin, weil uns irgendetwas verbunden hat und wir so tolle Erfahrungen gemacht haben, über die wir immer noch reden. […] Basketball ist so eine tolle Sportart und hat mir so viel gegeben, und ich hatte immer Spaß. Ich liebe das, was ich mache, und deshalb bin ich wahrscheinlich immer noch aktiv, weil ich es nie als Last oder als Job gesehen habe. Alles, was man macht im Leben, sollte Spaß machen. Dann ist es immer einfacher.
Wenn Du wissen willst, welche ihrer Trainer Svenja besonders geprägt haben und wie sie ihre Stationen im Ausland erlebt hat, dann höre Dir das gesamte Gespräch hier oder hier als Podcast an.
Unser Anliegen im 41Campus ist es, die persönliche Entwicklung von Kindern und Jugendlichen in Sportteams wertebewusst zu begleiten. Deshalb wollen wir vor allem Trainer und Trainerinnen in ihrer Vorbild- und Mentorenfunktion stärken. In unserem Podcast spreche ich mit erfolgreichen Menschen im Sport über werteorientiertes Leadership.
Svenja Brunckhorst, 1991 in Rotenburg (Wümme) geboren, zog im Alter von zehn Jahren nach Wasserburg, wo sie Basketball für sich entdeckte und schon ab der U16 Nationalspielerin wurde. Mit Wasserburg wurde sie mehrfache deutsche Meisterin und Pokalsiegerin. Nach Stationen in Spanien und Frankreich kehrte sie nach Wasserburg zurück, wurde Sportsoldatin und ist seit Sommer 2023 Managerin für Mädchen- und Frauenbasketball bei Alba Berlin.
Sie ist Kapitänin der deutschen 5vs5-Nationalmannschaft und spielt zugleich in der deutschen 3×3-Nationalmannschaft. Im Februar 2024 hat sie mit der 5vs5-Nationalmannschaft sensationell die Qualifikation für Olympia geschafft – einer der größten Erfolge einer deutschen Mannschaft.